Puro im Landgasthof Talhaus, Bubendorf im Magazin «Basel geht aus»
Text aus «Basel geht aus 2014»:
Puro (im Landgasthof Talhaus)
Pures Italien oder Cucina povera
Selbst schuld, wer mit dem Auto kommt. Es reicht ja, kurz vor dem letzten Schluck Digestif nach draussen zur Bahnstation zu laufen und den Halteknopf zu drücken. Erst wenn man die Lichter des Triebwagens dann in der Ferne sieht, sollte man endgültig aufbrechen, dann muss man Gianluca Gariglianos neues Domizil verlassen.
Der eigene Bahnhof, von dem aus man in wenigen Minuten Liestal erreicht, ist allerdings nicht die Hauptsache. Auch der Wintergartenanbau, das schicke Interieur, die netten Servicedamen sind es nicht. Die Hauptsache ist, dass Gianluca Garigliano zusammen mit Gattin Illijana hier tun und lassen kann, was er will – solange die Gäste mitspielen. Und das werden sie ohne Zweifel, denn der begabte Koch, der zuvor in der «Osteria Tre» Meriten erkochte und die Zuneigung des Publikums gewann, zeigt hier auf eigene Faust, was er kann – nur einen Katzensprung von seiner früheren Wirkungsstätte entfernt.
Der Wechsel von A nach B war indes nicht so klar, wie es heute erscheint. Man habe sich dieses und jenes überlegt, hörten wir, habe auch Angebote von weit ausserhalb der Schweiz bekommen, sich dann aber für den ehrwürdigen Landgasthof entschieden. Der hatte 2012 neue Besitzer bekommen, nachdem er unendliche Zeiten als urige Beiz geführt worden war, ein neues Konzept auch. Im September 2013 feierte man dann Eröffnung.
Die Gariglianos fahren, klugerweise, zweigleisig und überfordern Mittagsgäste nicht mit Gourmetkost, bieten ihnen vielmehr eine einfachere «Cucina povera», eine bodenständige Küche, die man auch abends haben kann. Jedenfalls dann, wenn man in der «Stube Ida» noch einen Platz findet, um Rehragout mit Polenta oder gebratenen Caciocavallo-Käse mit Zucchetti und Auberginen zu verspeisen. Gleich nebenan, im «Puro», geht es aufwendiger zu. Franciacorta-Schaumwein aus der Magnumflasche deutet schon den Stil an, ein Gourmetmenü mit bis zu sechs Gängen wird von einigen Empfehlungen à la carte ergänzt.
Doch bevor es an den ersten Gang geht, darf man sich erst genüsslich durch die Ouvertüre kämpfen: allerlei Brot, erstklassige Grissini, fabelhafter Schinken und gleich zwei Amuse-Bouches. Ob die Kartoffelterrine mit Saiblingskaviar und Rindstatar spannender schmeckte als das Kalbsbäckchen mit Garnele, Kichererbsenpüree und Parmesanschaum, kann man diskutieren – aber beide Appetithappen waren kleine Kreationen mit erheblichem Wareneinsatz und alles andere als Restverwertungen.
Wunderschön dekorativ und gleichzeitig intensiv gelang der herbstliche Gemüse-Pilz-Salat mit geeistem Rucola (den man auch mit Thunfisch hätte anreichern können), wunderbar schmeckten die Scialatielli-Teigwaren (von der Amalfi-Küste) mit Meeresfrüchten und Vulkantomaten. Leicht verständlich, aber sehr komplex.
Die Hauptgerichte im «Landgasthof Talhaus» stehen nicht hinter Primi und Secondi zurück – anders als bei vielen anderen Ristoranti. Steirisches Reh mit Brotgnocchi und Jus von rosa Pfeffer wäre zu haben gewesen, gegrillte Felsenrotbarbe nach Livorneser Art oder Rindsentrecôte mit altem Balsamico und geschmortem Radicchio. Fabelhaft zart war unsere Miéral-Taubenbrust mit Feigen, Pistaziencreme und einer à part servierten Taubenconsommé mit Pilzen, und Klasse boten auch die Desserts: Erdbeer-Champagner-Süppchen mit Vanille sowie Minestrone von Obst und Gemüse mit süsser Ricotta und karamellisierter Limonentarte.
Kann man da noch was verbessern? Kaum, zumal auch Sfogliatelle und Cannoli zum Espresso fein gerieten und die Weinkarte beachtliches Format aufwies. Wenn man sich da noch ein bisschen mehr auf spannende italienische Herkünfte konzentrierte, wären wir erst recht glücklich. Nichts gegen die gut ausgewählten Spanier und die Badener vom Weingut Bimmerle, aber schliesslich sind wir hier in einem italienischen Restaurant. In einem der allerbesten im Einzugsgebiet von Basel.
Landgasthof Talhaus
Obere Hauensteinstrasse 21
4416 Bubendorf
Telefon: 061 931 17 20
Den Magazin-Artikel «Basel geht aus» auf der Website Landgasthof Talhaus